Die Einschätzung, welche Patientinnen und Patienten der "Hungerkost" zum Opfer fielen, ist schwierig, da in der Regel eindeutige Hinweise auf die Verabreichung dieser Mangelkost in den Krankenakten fehlen. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden bisher nur in wenigen Fällen konkrete Aktenvermerke wie "erhält B-Kost" oder "im Rahmen der Kostveränderung verlegt" gefunden.
Allerdings begründen bestimmte Todesursachen, z. B. Kachexie (Auszehrung, extreme Abmagerung) und Marasmus (allgemeine körperliche Schwäche), ein plötzlicher Eintritt des Todes, spärliche Einträge in der Krankenakte, eine abwertende Sprache, eine angebliche familiäre Vorbelastung, ein hoher Pflegeaufwand oder durch Wiegekarten dokumentierter starker Gewichtsverlust den Verdacht, dass eine Patientin oder ein Patient vermutlich der "Hungerkost" zum Opfer fiel. Der aktuelle Stand der Forschung nimmt an, dass es in Erlangen mindestens zwei sog. "Hungerstationen" gab, auf welchen die dorthin verlegten Patientinnen und Patienten die "Hungerkost" erhielten.
Auch bei Rudolf G. finden sich solche Verdachtsmomente. So ist in seiner Akte eine Wiegekarte erhalten, die zeigt, dass sein Gewicht einige Monate nach der Aufnahme in Erlangen, im Januar 1942, bei 40 kg lag, bei seinem Tod drei Jahre später nur noch bei 28 kg. Hinweise auf medizinische oder pflegerische Maßnahmen gegen den Gewichtsverlust finden sich an keiner Stelle.
Rudolf verstarb am 15. November 1944 in Erlangen. Als Todesursache ist auf dem Leichenschauschein "Kachexie bei Idiotie" vermerkt.
Quelle: Alle Informationen und Zitate stammen aus der Krankenakte, Staatsarchiv Nürnberg, BKH – Erlangen, gestorben – G., R.