Patientin Anna Z.


Weil sie plötzlich von einer "ausserordentliche[n] Erregtheit" ergriffen war, wurde Anna Z. am 13. Juni 1932 auf Betreiben ihres Mannes und ihres Hausarztes Dr. T. in die Heil- und Pflegeanstalt Bayreuth eingewiesen.

Die zu diesem Zeitpunkt 43-Jährige wurde von ihrem Mann als "tüchtige Hausfrau, aber von jeher etwas leutscheu, empfindlich" beschrieben – "Dumm sei sie nicht". Sie hatte zwei Kinder, ihre Mutter war zum Zeitpunkt ihrer Einweisung bereits in dem zu den Neuendettelsauer Anstalten gehörenden Heim Himmelkron verstorben.

Betreuung durch die Fürsorge

Während ihres ersten Anstaltsaufenthalts war sie zeitweise sehr unruhig und halluzinierte, weshalb sie dauerhaft Beruhigungsmittel erhielt. Erst Anfang 1933 stellte sich eine Besserung ein, weshalb dem bereits mehrfach geäußerten Wunsch ihres Ehemannes nach Entlassung – auch aufgrund der Kosten für die Unterbringung – nachgegeben wurde und sie am 1. Juli 1933 "gebessert" in die Betreuung der Fürsorge entlassen werden konnte. Aus Anna Z.s Zeit als Patientin der Fürsorge sind keine Unterlagen erhalten. Allerdings stellte die Außenfürsorgestelle der Anstalt Bayreuth am 6. Oktober 1934 die Anzeige von Anna Z. gemäß des "Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" aufgrund der damaligen Diagnose "Schizophrenie". Dies macht auch die Bedeutung der Fürsorge-Stellen für die Erbgesundheitspolitik und Rassenhygiene der Nationalsozialisten deutlich.

Über den Gesundheitszustand Annas in den folgenden Jahren ist nichts bekannt. Allerdings scheint er sich 1939 wieder verschlechtert zu haben: Am 13. Februar 1939 wurde sie erneut unter der Diagnose "Defektschizophrenie" von Dr. T. in die Heil- und Pflegeanstalt Bayreuth eingewiesen. Obwohl in den Einträgen in ihrer Krankengeschichte beschrieben wurde, dass sie "unruhig" und "unzugänglich" sei und "sich an keiner Arbeit" beteilige, wurde sie am 25. Juni 1939 auf Wunsch ihres Mannes entlassen. Diese Entlassung war aber nur von kurzer Dauer: Bereits am 1. Juli wurde sie wegen einer Verschlechterung ihres psychischen Zustandes wieder in die Anstalt aufgenommen.

In den folgenden Monaten in der Anstalt bot sie aus Anstaltssicht immer wieder "Anlaß zu Zank und Streit", da sie sich in die Angelegenheiten anderer Patientinnen einmische und insgesamt weiterhin recht unruhig sei. Der in der Krankenakte erhaltene Besuchs-Bogen der Anstalt Bayreuth zeigt, dass ihr Mann und ihre Söhne sie zu dieser Zeit regelmäßig mehrmals pro Monat besuchten.

"T4" – Deportation in die Tötungs­anstalt

Im Zuge der Auflösung der Anstalt Bayreuth zum 4. Oktober 1940 wurde sie zusammen mit 151 anderen Patientinnen und Patienten in die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen verlegt. Aus dieser Zeit sind keine Einträge in der Krankengeschichte vorhanden. In einem Antwortschreiben der Anstalt auf einen Brief des Ehemannes von Ende Oktober 1940, in dem er sich nach dem Zustand seiner Frau erkundigte, wurde sie als "gemütlich und geistig recht verödet und zu keiner Arbeit zu bewegen" beschrieben. Der letzte Eintrag aus Erlangen in ihrer Krankenakte am 22. November 1940 lautet: "Geht wieder mit Sammeltransport ab".

Am 22. November 1940 fand der dritte "T4"-Transport aus Erlangen statt, der erste in die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz.

Für Anna Z. war die Erlanger Anstalt damit – wie für viele andere Patientinnen und Patienten, die mit Sammeltransporten unmittelbar vor den "T4"-Deportationen nach Erlangen verlegt wurden – nur für knapp sechs Wochen Zwischenstation auf ihrem Weg in den Tod.

Quelle: Alle Informationen und Zitate stammen aus der Krankenakte Anna M. Z., Bundesarchiv Berlin, Bestand R 179.

Durch Fallbeispiele werden aus Opfernamen Schicksale