Studen­tischer Audiowalk zur NS-Geschichte der Erlanger Heil-und Pflegeanstalt wird der Öffentlichkeit vorgestellt

Pressemitteilung vom 13.11.2020

Blick vom Bettenhochhaus über das Gelände der Heil- und Pflegeanstalt 1957, Fotograf: Rudi Stümpel (StadtAE VIII.8524.N.2/2)

Zum Gedenken an die NS-Medizinverbrechen in der Erlanger Heil- und Pflegeanstalt präsentieren Studierende und Dozentinnen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) am 21.11.2020 um 14 Uhr ihren Audiowalk "Patientenmord hinter Sandsteinmauern – zwischen Abriss und Erinnerung". Unter diesem Titel haben zwei Mitarbeiterinnen des Lehrstuhls für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte sowie des Lehrstuhls für Geschichte der Medizin im Wintersemester 2019/20 ein interdisziplinäres Projektseminar an der FAU angeboten.

Ein Beitrag zur Erinnerung

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars beschäftigten sich ein Semester lang mit der Geschichte der nationalsozialistischen Medizinverbrechen, die an Patientinnen und Patienten der Erlanger- Heil und Pflegeanstalt und der Universitätskliniken verübt wurden. Der Audiowalk soll einen Beitrag dazu leisten, die Erinnerungen an die Opfer wach zu halten. Er folgt den Spuren der NS-Medizinverbrechen quer durch die Erlanger Altstadt.

Corona-bedingt kann die Eröffnung des Audiowalks nur via Zoom stattfinden. Bei der digitalen Eröffnung werden neben den Studierenden und Dozentinnen des Projektseminars auch der Erlanger Oberbürgermeister, der Vorsitzende des Fördervereins der Erlanger Geschichtswissenschaft, die Inhaberinnen und Inhaber der beteiligten Lehrstühle sowie weitere Mitwirkende des Projekts sprechen. Der Eröffnungsakt beinhaltet die digitale Freischaltung des Audiowalks, sodass dieser am 22. November, dem Jahrestag des dritten Transports von Patientinnen und Patienten aus der Erlanger Heil- und Pflegeanstalt in eine der zentralen Tötungsanstalten, für die Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Um den Audiowalk zu nutzen, kann die kostenlose App izi.travel auf dem Smartphone installiert oder die Browser-Version genutzt werden. Dort ist der Audiowalk dann unter dem Titel "Patientenmord hinter Sandsteinmauern – zwischen Abriss und Erinnerung" zu finden und kann eigenständig genutzt werden.

Informationen zum histo­rischen Hintergrund des NS-Patienten­mords

Die 1846 als "Kreisirrenanstalt" gegründete Erlanger Heil- und Pflegeanstalt galt noch in den 1920er Jahren als Musteranstalt der modernen Reformpsychiatrie. In den Jahren 1939 bis 1945 wurde sie "Schau-Platz" eines bis dato beispiellosen Verbrechens. Über 900 psychisch kranke sowie geistig und körperlich "behinderte" Patientinnen und Patienten wurden in Tötungsanstalten deportiert und dort ermordet. Am 22. November 1940 wurden mit dem 3. Transport insgesamt 129 Patienten, davon 109 Frauen und 20 Männer, in die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz in Österreich gebracht und dort mit Gas ermordet. Die meisten Patientinnen und Patienten dieses Transports waren erst wenige Wochen zuvor aus der aufgelösten Anstalt Bayreuth nach Erlangen verlegt worden. Bis zur Einstellung der Transporte im Jahr 1941 wurden mit insgesamt sieben Transporten nicht nur Erlanger Patientinnen und Patienten, sondern auch Patientinnen und Patienten aus anderen Pflegeeinrichtungen deportiert. Für sie diente die Erlanger Heil- und Pflegeanstalt als Zwischenanstalt auf dem Weg in die Tötungsanstalten Hartheim bei Linz oder Pirna-Sonnenstein. Nach der Einstellung der Transporte im Jahr 1941 fiel eine bislang nicht bekannte Zahl von Patientinnen und Patienten in der Erlanger Anstalt selbst der "Hungerkost" zum Opfer.

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an:


Helen Wagner, M.A.

Department Geschichte
Lehrstuhl für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte
Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Kochstraße 4/12
91054 Erlangen 

Telefon:
+49 9131 85-22369

E-Mail:
helen.wagner(at)fau.de


und/oder


Dr. Susanne Ude-Koeller

Institut für Geschichte und Ethik der Medizin
Lehrstuhl für Geschichte der Medizin

Glücksstr. 10
91054 Erlangen

E-Mail:
susanne.ude-koeller(at)fau.de